Tolles Wetter und Hauptstadtflair – der Berlin-Halbmarathon am ersten Aprilsonntag war ein schönes Erlebnis. Ich habe zwar bereist schon fünfmal den Berlin-Marathon absolviert, doch bei der halben Distanz bin ich dort das erste Mal an den Start gegangen. Zumindest fast, wie ich im Programmheft entdeckte. Denn der Halbmarathon beruft sich auf die Tradition des Ostberliner Marathons, der über Jahre Friedenslauf hieß. Und dort habe ich als 1989 als 30-Jähriger mit Lauffreunden bereits die 20 Kilometer absolviert, was damals nicht nur in Berlin, sondern auch beim Dresdner Friedenslauf so üblich war.
Am 3. April stehe ich nun mit meinem Sohn Sebastian, der seinen ersten Halbmarathon bestreiten will, auf der Karl-Marx-Allee. Ein munteres Gebrabbel umgibt uns mitten im bunten, internationalen Feld von etwa 30 000 Läufern. Stramme Waden mit der rot-weißen Dänenflagge. Vor uns eine Japanerin und zwei Reihen weiter ein stolzer Italiener in seinem Nationalfarben. Angepeitscht vom Sprecher schwingen wir kurz vorm Start die Arme nach oben, unterstützt von einer Läuferhymne. „Dafür lohnt es sich doch, beim tristen, grauen Märzwetter trainiert zu haben“, denke ich mir. Der Startschuss fällt, die Spitzenläufer machen sich auf den Weg. Erst eine Viertelstunde später geht es dann bei uns los.
„Eine Stadtbesichtigung zu Fuß“, wirbt der Veranstalter SCC Events für den Lauf. So eine Sightseeing-Tour ist er auch. Flott geht es vorbei am Alex. „Dort stand früher der Palast der Republik“, zeige ich auf den Bereich am Spreeufer, wo schon wieder kräftig gebaut wird. Nach zwei Kilometern kommt das Brandenburger Tor in Sicht. Ein schönes Gefühl, dort hindurch zulaufen, wo ich vor zwölf Jahren bei meinem ersten Marathon kurz danach überglücklich ins Ziel kam. Doch bei dieser Runde sind wir erst am Anfang. Vorbei an der Siegessäule geht es immer geradeaus. Eine scharfe Linkskurve am Schloss Charlottenburg, die Hälfte ist fast geschafft.
Auf dem Kudamm legt mein Sohn ein munteres Tempo vor, sodass ich zu tun habe, mitzuhalten. Dennoch greife ich immer wieder zur Kamera und filme, denn von dieser schönen Runde will ich ein Video schneiden. „Soll ich Dich mal fotografieren“, fragt mein Nachbarläufer. „Na klar.“ Der Mann hat Erfahrung. Im Lauf schwenkt er die Canon nach oben, macht tolle Bilder, wie ich später sehe. Ich berichte ihm, dass ich beim Berlin-Marathon schon fünfmal hier gelaufen bin. Doch der Potsdamer hat es schon auf zehnmal gebracht, erzählt er mir. Er hat sogar noch einen Tipp, wie ich beim Berlin-Marathon an einen Startplatz komme. Nämlich über eine Reisebüro. „Da musst Du dann bloß das Hotelzimmer mit nehmen“, erklärt er.
Die Beine werden mittlerweile zwar schon etwas schwerer. Doch eine Samba-Band trommelt unermüdlich am Straßenrand, als die Gedächtniskirche naht. Zahlreiche Zuschauer säumen die Strecke. Es ist zwar nicht ganz, aber fast wie beim Berlin-Marathon, bei dem eine Million Zuschauer uns Läufer anfeuern und auch dadurch die Tour immer wieder zu einem unvergesslichen Erlebnis werden lassen.
Vorbei am Potsdamer Platz kommen wir dann wieder nach Ostberlin, laufen eine Viertelstunde später Seite an Seite durchs Ziel – wie sich herausstellt auf die Sekunde genau mit der gleichen Zeit. Im Ziel begrüßt uns mein Schwiegersohn und gratuliert. Berlin ist eben wieder eine Läufer-Reise wert, auch zum Halbmarathon. Für meinen Sohn steht jetzt fest, dass er sich jetzt auch bei anderen Läufen anmeldet.