Über einen Monat zu Hause und doch noch nicht wirklich angekommen…Achtung es ist etwas länger geworden…520 km in 10 Tagen erfasst man nicht in wenigen Worten
Nach meiner Teilnahme am
Ultra Afrika Race in Mosambik standen die 520 km bei
The Track in Namibia zur Debatte. Da ich wusste, wie sich 520 km anfühlen und ich dieses Mal alleine starten werde, habe ich ziemlich lange gezögert. Zum Geburtstag eines lieben Freundes und Helfer des Veranstalters, der leider kurz nach Mosambik verstorben ist, habe ich mich dann angemeldet. Eigentlich wäre er als Helfer wieder vor Ort gewesen und wir haben uns auf ein Wiedersehen sehr gefreut. Ich wollte ihm diesen Lauf widmen und ihm so die letzte Ehre erweisen und Abschied nehmen.
Jetzt ging es wieder los…Training mit Rucksack, Verpflegung und Ausrüstung optimieren und teilweise neu beschaffen. Mich werden Temperaturschwankungen von über 30 Grad erwarten. Sprich in der Nacht kann es schon empfindlich kalt bis ca. 0 Grad werden. Mein Vorteil allerdings, dass ich ja erst im November den Etappenlauf in Mosambik absolviert habe und somit die Routine und nun schon bessere Erfahrung vorhanden war. Auch das Packen des Rucksackes für den Flug war nun schon etwas leichter. Es musste alles Wichtige an der Pflichtausrüstung und Verpflegung ins Handgepäck. Die Laufschuhe bereits angezogen und sehr unspektakulär ging es relativ zeitig mit der Bahn nach Frankfurt…man weiß bei der Bahn ja nie…und dann im Direktflug nach Windhoek. Da wir Starter ja fast alle mit dem Rucksack am Flughafen stehen, habe ich in Windhoek dann gleich
Marco Jaeggi und
Pedro Vera entdeckt. Wir haben uns das Taxi geteilt und los ging es Richtung Innenstadt.
Im Hotel angekommen musste ich erst einmal die Verpflegung von den großen Beuteln in kleine Zipperbeutel verteilen. Und wieder sah es aus wie in einer Drogenbude
An meiner Verpflegung habe ich dieses Mal einiges Verändert. Weniger Tailwind, dafür mehr unterschiedliche Riegel, Nüsse, Cranberrys, als Recover Cellamino von
Cellagon, für jeden Tag ein Quetschie und veganes „Trockenfleisch“. In die Wasserflaschen zusätzlich meine tägliche Portion t.go von
Cellagon, Teebeutel für kalten Tee und Zitronenpulver. Den Nachmittag habe ich noch für einen kleinen Rundgang in der näheren Umgebung genutzt. Am Abend erst gemeinsam mit Marco und
Brigid Wefelnberg und anschließend noch mit dem gesamten Team von
Canal Aventure ausklingen lassen. Groß war die Freude alle wieder zu sehen.
Am nächsten Tag ging es dann mit einem großen Geländebus in die Wüste, Reifenpanne inclusive. Unser erstes Camp lag wunderschön gelegen direkt im bzw. am Rande des Moon Valley. Wir wurden in die Zelte aufgeteilt und ich war mir gar nicht bewusst, dass ich einen Luxusurlaub gebucht habe…ich habe ein Zelt für mich alleine. Somit konnte ich mich immer richtig ausbreiten und alles geordnet im Zelt verteilen. Ziemlich schnell haben wir Besuch von einem Dikdik bekommen. Das sieht ähnlich aus wie ein Reh und ist eine afrikanische Zwergantilope. Das weibliche Tier war sehr zutraulich, hat sich sogar Äpfel aus den Zelten geholt und hat es hauptsächlich auf die Männer abgesehen. Die haben schon einmal blaue Flecken bekommen. Der erste Sonnenuntergang und endlich die erste Nacht…und dass bei Vollmond und einem schon sehr beindruckenden Sternenhimmel. Durch den Mond war es so hell, ich brauchte keine Stirnlampe, wenn ich auf Toilette musste. Und so wie jede Nacht habe ich dann immer ganz lange dagestanden und einfach den Himmel bewundert. Das sind Momente, auf die ich mich vorher schon so sehr freue. Unser Dikdik hat es sich im Kreis unserer Zelte gemütlich gemacht und geschlafen. Für mich so unvergessliche Augenblicke. Genau davon zehre ich zu Hause oder auch beim Lauf, wenn das unvermeidliche Tief kommt. Am Dienstag dann der Check der Ausrüstung und der Medizincheck. Da ich die vorletzte Startnummer habe, komme ich erst später dran und habe noch etwas Zeit meinen Rucksack zu optimieren und mich von einigen Dingen zu trennen, auf die ich verzichten kann. Naja viel hat man ja sowieso nicht dabei. Also von dem wenigen noch weniger. Von den Zippbeuteln die Zipper abgeschnitten und dafür mit Klebeband zugeklebt. Die Fertignahrung in dünne Beutel umgefüllt, eine Wasserflasche abgeschnitten und als Schüssel genutzt. Einige Dinge habe ich von Marco abgeschaut und für gut befunden. Er hat mich sehr unterstützt und mit einigen Utensilien ausgeholfen. Und so hat mein Rucksack ein Gewicht von ca. 8,2 kg. Beim Lauf muss man dann noch 2 Liter Wasser dazurechnen. Ab jetzt hat man wirklich nur noch den Laufrucksack mit all seiner Pflichtausrüstung zur Verfügung. Das Handy habe ich schon in Windhoek ausgestellt. Also wirklich komplett abgeschnitten von der Außenwelt. Ich konzentriere mich nur noch auf den Lauf mit all seinen Teilnehmern und Helfern, die Landschaft und mich selbst. Am Abend das Briefing, die letzte gestellte Mahlzeit vom Veranstalter. Ab jetzt wird es ernst.
Der Morgen beginnt eigentlich immer gleich. Obwohl ich keinen Wecker habe, bin ich immer rechtzeitig ca. 2 Stunden vor Start munter. Irgendwie funktioniert das sehr gut, obwohl wir schon sehr zeitig aufstehen müssen. Aber es ist immer jemand munter und wuselt im Camp umher, so dass man automatisch auch munter wird. Da ich ja die Luxusvariante habe, konnte ich meine Sachen wirklich richtig schön ausgebreitet im Zelt bereitlegen und somit war das Packen auch viel einfacher. Früh war es meistens noch empfindlich kalt und so bin ich mit dem Schlafsack um die Beine im Zelt langgerobbt und habe alles erledigt. Zuerst das Wasser kochen, Tee und Porridge aufgießen, die ersten Sachen im Rucksack verstauen, Essen, Laufsachen anziehen, die restlichen Sachen in den Rucksack…den Schlafsack in den winzigen Beutel stopfen für mich immer wieder eine Herausforderung…Sonnencreme auftragen, Wasser fassen und ab an die Startlinie. Are you happy? Are you ready? Are you crazy? Yes, Yes, Yes
Auch wenn ich seit Australien viele Läufe absolviert habe, für mich immer wieder der schönste Start. Ich brauche keine laute Musik, tobende Menschen. Irgendwie hat sich das total geändert. Für mich ein Gefühl des nach Hause kommen.
Heute (1. Etappe) stehen die ersten 37 km auf dem Plan. Als wir starten, ist der Himmel noch etwas bedeckt und sehr angenehm. Aber später wird es dann, wie eigentlich jeden Tag, sehr heiß. Aber das weiß ich ja vorher, wenn ich in der Wüste laufen will. Wir laufen durch das Moon Valley eine traumhaft schöne Mondlandschaft. Ich bin total begeistert, könnte eigentlich immer wieder stehen bleiben und Fotos mit der kleinen Kamera.
Jérôme hat uns hier Affen versprochen. Leider sehe ich keine, höre nur deren Geräusche. Wen ich allerdings sehe ist Brigid vor mir. Sie ist eigentlich immer in Reichweite. Wenn ich aber wieder einmal ein Foto mache oder auf Toilette muss, war sie wieder etwas weiter weg. Ursprünglich war mein Plan für die Tage mit Freude bis ins Ziel laufen. An eine Platzierung habe ich absolut nicht gedacht. Jetzt, wo Brigid so unmittelbar vor mir war, kam dann doch etwas der Ehrgeiz durch wenigstens eine Etappe zu gewinnen. Wenn ich laufen konnte, war ich schneller als Brigid und so konnte ich dann auch tatsächlich an ihr vorbeilaufen. Da es aber immer wärmer wurde und ich mein Wasser in die vorderen Trinkflaschen umfüllen musste…ohne Wasser wollte ich nicht die letzten paar Kilometer laufen…war sie wieder an mir vorbei. Also wieder die Beine in die Hand und los. Letztendlich bin ich wenige Minuten vor ihr durchs Ziel. Ich war total happy.
Jérôme meinte noch, dass ist die erste Etappe und hat nichts zu sagen. Ja das wusste ich und eigentlich hatte ich eher Angst, mich schon am ersten Tag verausgabt zu haben…aber eine Etappe bei so einem Etappenlauf als erste Frau zu finishen…das war schon einmal richtig gigantisch und kann mir auch niemand mehr nehmen. Das Camp lag wunderschön und gemeinsam mit
Marco Jaeggi und
Rene Städler haben wir den Nachmittag verbracht und Kaffee getrunken. Wir waren alle mit unseren ersten Tag zufrieden und konnten einfach nur genießen. Auch die Tage nach der Ankunft verlaufen immer gleich…Wasser fassen, Recover trinken, Rucksack auspacken, Kaffee trinken…der Instantkaffee löst sich auch im kalten Wasser auf
, die Zeit mit den anderen Läufern genießen, die Füße verarzten lassen, Körperpflege so gut es geht, Wasser kochen, Abendessen, Briefing, etwas Dehnung, nochmals Wasser fassen und meistens waren wir gegen 19.30 Uhr schon wieder im Bett. Und in der Nacht immer wieder dieser einmalige Sternenhimmel. Da wir jetzt wirklich außerhalb jeglicher Lichtquellen waren, wurde er gefühlt von Tag zu Tag immer intensiver.
Für die 2. Etappe über 70. Km wurden wir in Startwellen eingeteilt. Ich war in der ersten Gruppe. Als erstes wurden wir ca. 6 km zurück auf eine breite Schotterpiste gefahren. Dort war pünktlich 7.00 Uhr der Start. Es war kalt, neblig und es hat genieselt…nicht wirklich mein Wetter. Aber so konnte ich wenigstens die ersten 8 km gut laufen. Danach ging es für 45 km einfach nur gerade aus. Die ersten 20 km an einer Pipeline entlang. Auch die Umgebung war nicht wirklich motivierend, da war wirklich nichts außer eben dieser Pipeline. Aber so konnte man sich wenigstens nicht verlaufen
. Auch heute war Brigid immer in Reichweite. Kurz vor dem CP 3 bei 53,5 km war ich dann auch an ihr vorbei. Unser Abstand war aber nicht so groß und ich merkte, dass ich auf keinen Fall mehr schneller laufen konnte und wollte und so fand ich es total blöd, so kurz vor ihr herzulaufen. Also fragte ich Brigid, ob wir nicht gemeinsam bis ins Ziel gehen wollen. Die Strecke war auch nicht mehr so eintönig. Die ersten Berge in der Ferne konnte man sehen, es war wieder etwas kurviger und allmählich ging die Sonne unter. Ein traumhafter Sonnenuntergang machte die Anstrengung erträglicher. Wir hatten heute ein CutOff von 12 Stunden. Brigid meinte zwar, wir könnten auch etwas länger brauchen. Zu mir hatte
Jérôme allerdings gesagt, dass er keine Zeit mehr gibt. Das Risiko wollte ich nicht eingehen und so habe ich immer wieder etwas gedrängelt und auf die Uhr geschaut. Drei Minuten vor dem CutOff sind wir dann durchs Ziel an der Bloedkoppe. Eigentlich ist das ein besonderer Berg und Anziehungspunkt für die Touristen. Aber wir haben davon nichts gesehen, da es schon dunkel war. Auch alles andere musste etwas schneller gehen. Am wichtigsten waren mir heute meine Füße. Also relativ schnell zu
Seb Mi. Es war schon sehr kalt und so habe ich mir in meinen Schlafsack eingekuschelt die Füße verarzten lassen.
Am Tag 3 stehen 41 km auf dem Plan. Auf Grund der langen Etappe vom Vortag wollte ich es heute ruhig angehen lassen. Aber irgendwie lief es zu Beginn richtig gut. Bis zum ersten CP nach ca. 14 km war ich für meine Verhältnisse ziemlich flott unterwegs. Aber kurz später machten sich die Kilometer vom Vortag bemerkbar und ich war einfach nur müde, kraftlos und hätte eigentlich heulen können. Da vielen mir doch tatsächlich die Push´s von Ringana ein. Die hatte ich zu Hause zwar getestet, allerdings nur in kleinerer Dosis und somit nichts gemerkt, aber man kann ja nie wissen. Also 5 dieser Kapseln runter und was soll ich sagen, kurz darauf lief es wieder richtig gut. Die Strecke war hier zwar nicht gerade toll, immer leicht bergan und sehr eintönig. Nach ca. 35 km wurde es zum Glück wieder schöner, leicht wellig, gut laufbar und die Landschaft einmalig. Die Temperaturen heute zum Glück nicht so heiß. Tiere habe ich heute auch gesehen…naja einen Geko mitten auf dem Weg und Giraffen in der Ferne. Die schnellen Läufer hatten diese noch direkt neben dem Weg. Mir war das leider nicht mehr vergönnt. Auch heute war das Camp wieder in einer wunderschönen Landschaft eingebettet. Den Nachmittag habe ich wieder gemütlich mit Marco und René verbracht, die Sonne genossen und Energie für den nächsten Tag getankt. Die Nacht soll es richtig kalt werden. Es wurden Temperaturen von bis zu -1 Grad vorhergesagt. Also warm anziehen, das Inlett noch zusätzlich in den Schlafsack ziehen und schön einkuscheln.
Am Tag 4 hieß es 44 km zu laufen. Die ersten 32 km waren richtig toll, gut laufbar, landschaftlich schön, immer hoch und runter. Und dann mussten wir auf einen breiten Schotterweg abbiegen. Einfach immer geradeaus, hoch und runter, die Landschaft eintönig…außer dürrem Gras gab es nichts und es war heiß. Die Kraft war raus und so bin ich heute wirklich total erschöpft aber glücklich ins Ziel gelaufen. Zum Glück hatte ich wieder ausreichend Zeit zur Regeneration und wir hatten ein kleines Erdmännchen direkt bei uns neben den Zelten. Als ich beim Arzt war, saß es direkt unter meinem Stuhl. Hach war das niedlich
Heute war der Sonnenuntergang gefühlt besonders schön, auch der Sternenhimmel. In der Nacht kam ein heftiger Sturm. Man hatte das Gefühl, das Zelt fliegt weg und es war furchtbar laut im Zelt. An Schlafen war nur wenig zu denken.
38 km an Tag 5 klingen schon mal wieder etwas besser und der Rucksack ist ja auch schon sehr leicht geworden. Die ersten 5 km gehen richtig gut und dann wird der Wind immer stärker…natürlich von vorn. Und so kann ich bis zum CP1 nach 13 km nur noch gehen und versuche mich ziemlich klein zu machen. Dann wurde es wieder besser und es hat wieder richtig Spaß gemacht, immer wellig hoch und runter und so wechsle ich immer von laufen und schnellen walken. Die letzten 11 km geht es dann an einer befahrenen Schotterstraße lang. Die Autofahrer winken mir wie damals in Australien zu. Ich weiß nicht auf wie vielen Fotos und Videos jetzt weltweit zu sehen bin
Mitunter rede ich auch mit den Fahrern und erkläre, was wir hier machen. Auf dem Heimflug werden wir später von einem Pärchen angesprochen, die uns unterwegs gesehen haben. Rene hatte noch die Startnummer am Rucksack und so wurden wir erkannt
Für die Entfernung habe ich absolut kein Gefühl. Man sieht ein Auto oder einen Läufer und trotzdem ist er so weit weg. Ich schaue manchmal auf die Uhr, merke mir den Punkt, wo der Läufer vor mir war…und dann sind es mitunter 2 km Entfernung. Das habe ich zu Hause eher selten
Es ist heiß und trotzdem komme ich total happy, ohne Probleme und Tiefs ins Ziel. Und das Beste… heute gab es eine Dose Cola…The best Coke ever
Unsere Verpflegung für die nächsten fünf Tage haben wir auch bekommen…jetzt heißt es wieder 8 kg auf dem Rücken. Auch heute habe ich den Nachmittag wieder mit Marco und René verbracht. Wir sitzen im Schatten mit den anderen und
Jérôme erzählt schon kurz was uns am nächsten Tag erwartet. Heute gab es auch einen weniger gemütlichen Gast im Camp…einen Skorpion.
Der Tag 6 mit 54 km war wieder etwas länger noch dazu mit ca. 1100 hm und das mit schwerem Rucksack. Ich hatte ziemliche Angst vor diesem Tag und war innerlich sehr angespannt. Die ersten 14 km liefen trotzdem richtig gut und realtiv schnell. Es ging hoch und runter und richtig richtig runter…und wenn man unten ist, muss man auch wieder hoch. Und das jetzt richtig. Aber die Berge waren herrlich, tiefe Täler an der Seite links und rechts…ein Traum. Und dann ändert sich die Landschaft wieder, es wird wieder eintönig, fad, hoch und runter, heiß. Ich schreie in die Landschaft, die Tränen rollen…aber auch dieses Tief überstehe ich, die Strecke wieder besser laufbar, die Landschaft wieder schöner und meine Zeit wieder schneller. Ich sehe das Ziel in der Ferne und freue mich total. Zu früh gefreut, wir müssen noch einmal tief ins Tal, um auf der anderen Seite wieder hoch zu laufen. Heute wurde uns auf Grund der Höhenmeter mehr Zeit als die 10 Stunden gegeben. Immer wieder rechne ich, in welcher Zeit ich finishen kann. Allerdings fällt mir bei solchen Anstrengungen das Rechnen immer sehr schwer
Und ich finishe zwar total fertig aber zufrieden noch knapp unter 9 Stunden. Meine Angst vom Morgen war also unbegründet. Und trotzdem laufen die Tränen der Erschöpfung. Die Tage sind spürbar und heute die Höhenmeter dazu.
Bruno sagt zu mir: „@
Romain möchte keine Tränen von mir sehen, er lacht immer und ist ein positiver Mensch gewesen.“ Recht hat er, aber trotzdem rollen die Tränen meine Wangen runter. Jetzt heißt es wieder gut erholen und zeitig ins Bett. Der nächste Tag startet schon 7 Uhr wegen der zu erwartenden heißen Temperaturen.
Die 7 Etappe mit 45 km wird ziemlich schwer für mich. Die erste Stunde lief es zwar noch relativ gut, aber es wurde schnell sehr heiß und es ging immer nur hoch und runter auf der breiten Schotterstraße. Die Autos fangen zu nerven an. Sie rasen an uns vorbei und wir stehen jedes Mal in einer kompletten Staubwolke. Das ist schon eine ziemliche Herausforderung für den Kopf. Ich werde immer langsamer, die Luft ist raus und das Knie fängt an zu schmerzen. Am CP2 tapt Bruno mein Knie und ich mache dadurch eine etwas längere Pause. Dadurch geht es jetzt wieder etwas besser vorwärts. Ca. 8 km vorm Ziel kommt
Anna mit dem Auto an mir vorbei und meint, Brigid sei kurz hinter mir. Naja was macht die liebe Kerstin…Beine in die Hand und los. Noch die Pushs geschluckt und so viel wie möglich laufen. Zwischendurch immer wieder Wasser über den Kopf, den Buff, welchen ich als Kopfschutz trage, ständig mit Wasser nass gemacht. Die letzten zwei Kilometer ziehen sich dann noch einmal so richtig und das Ziel ist nicht zu sehen. Es liegt wunderbar ruhig an einigen Bäumen. Endlich geschafft und ich genieße den restlichen Tag auf der Matte im Schatten mit allen anderen gemeinsam. Diese Zeit erlebe ich immer sehr intensiv. Auch wenn wir alle andere Sprachen sprechen und mein Englisch nicht gerade gut ist, verbindet uns eine so enge Gemeinschaft. Wir freuen uns füreinander und leiden miteinander. Da braucht es nicht vieler Worte. Da ich die letzten beiden Tage doch ziemlich gelitten habe, wird mir Angst vor den kommenden zwei Tagen. Aber ich hoffe, es wird wieder besser…so wie immer. Nach Regen folgt Sonnenschein.
Die 8. Etappe mit 54 km ist noch einmal ziemlich lang. Dafür haben wir heute eine wunderschöne Landschaft mit ganz viel Abwechslung. Die ersten 17 km sind wir durch traumhafte Grasfelder gelaufen und um uns die Berge in der Ferne. Genau so mag ich es, ich bin einfach nur happy und es läuft wirklich richtig gut bis zum CP 3 nach 38,5 km. Dann wird es härter, es wird heiß und das zieht mir wieder einmal den Stecker. Und wieder müssen die Pushs die letzten Reserven raus locken. Die Landschaft ist aber so herrlich, um mich die Naukluftberge…einfach nur wunderschön. Ich genieße es und komme fertig aber glücklich ins Camp. Ich versuche mich etwas zu erholen, denn morgen wird ein langer Tag. Irgendwie merkt man doch die Anspannung der meisten Läufer. Wir werden in vier Wellen starten. Ich bin in der zweiten Startgruppe als einzige Frau. Die anderen Frauen gehen schon eine Stunde vor mir an den Start. Am Abend meinte
Jérôme noch zu mir, dass ich noch eine Chance auf die Top 10 habe. Das war mir aber so etwas von egal. Ich wollte nur ankommen und das möglichst als erste Frau. Zu Brigid hatte ich mir an den Tagen einen respektablen Vorsprung erlaufen. Wenn gesundheitlich also alles klappt, sollte ich es auch schaffen. Die letzte Nacht im Zelt war kaum an schlafen zu denken. Ich war total aufgeregt, da ich keinen Laufpartner für die kommende lange Nacht hatte. Das bereitete mir schon Sorgen. Und ich war traurig, dass es die letzte Nacht ist und dann alles vorbei.
Die 9 Etappe mit 137 km startet für mich 6.00 Uhr. Da die ersten Läufer bereits 5.00 Uhr auf die Strecke gegangen sind, bin ich natürlich auch ohne den bestellten Weckruf durch unsere Helfer munter. Ich stehe total aufgeregt an der Startlinie, es ist noch dunkel und kalt. Mir laufen die Tränen und alle sprechen mir Mut zu und wieder der Satz: „Romain will keine Tränen sehen…“ Ja ich weiß…und so geht es los in die Dunkelheit für die letzte Etappe. Ich hatte mir eine Taktik überlegt und hatte auch etwas Hoffnung, dass ich vielleicht in der Nähe von
Patrick bin und mit ihm durch die Nacht laufen kann. Ich wollte die ersten zwei Stunden durchlaufen und dann so gut es geht 500 m laufen und die anderen 500 m gehen und dabei trinken, essen…Das klappte auch wirklich richtig gut. Nach ca. 1 Stunde wurde es hell und bald erreichte ich den ersten CP. Kurz darauf überholte ich unsere ersten Frauen. Die drei wollten nicht die komplette Strecke laufen und hatten viel Spaß miteinander. Wir haben kurz gesprochen und weiter ging es. Jetzt wird es auch warm und ich kann endlich die Jacke und die Ärmlinge ausziehen. Am CP 2 verlassen wir die Schotterpiste und laufen auf einem nicht befahrenen breiten Weg. Aber gefühlt geht es heute wieder immer gerade aus und später auch wieder nur noch hoch und runter. Und so komme ich automatisch immer in den Wechsel gehen laufen. Aber meine Zeit ist relativ konstant. Nach ca. 35 km überhole ich Brigid. Ich war total überrascht, denn ich habe jetzt also innerhalb dieser Strecke eine Stunde rausgelaufen. Ihr geht es aber leider nicht so richtig gut. Da sie eine sehr starke und erfahrene Läuferin ist, war mir eigentlich klar, dass sie sich durchkämpft. Aber auch ich werde natürlich von den schnellen Läufern überholt, welche nach mir gestartet sind. Nach dem CP 3 nach 43 km ging es dann so richtig hoch und runter…also kurz und steil hoch und kurz und steil wieder runter. Oh man…wer den Mad Chicken Run kennt, weiß wovon ich spreche
Irgendwann kam auch Marco an mir vorbei. Er musste heute das erste Mal auch in der Hitze laufen. Die anderen Tage konnte er sich da schon lange im Schatten erholen. Aber so weiß er, wie es uns die anderen Tage ergangen ist
. Dann ging es noch einmal etwas mehr bergig nach oben und ich hatte einen wunderschönen Blick auf die Berge und das Flussbett, durch welches wir in der Nacht laufen werden. So allmählich ging die Sonne unter, immer wieder ein schönes Schauspiel. Ursprünglich war für mich der CP 5 als Stopp für mein Abendessen geplant. Anna meinte aber, ich soll bis zum nächsten CP laufen, dort gibt es dann ein Feuerchen und mehr Platz. Also habe ich nur das Wasser nachgefüllt und bin weiter. Das war zwar nicht ganz so gut…ich hatte schon ganz schön Hunger und bis zum nächsten CP waren es noch über zwei Stunden, dafür habe ich das beste Sonnenuntergansfoto von allen.
Shams Adrien Nisan hat die Situation sofort entdeckt und ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort…der perfekte Moment. Es dauerte auch nicht mehr lange und ich war mit mir, der kompletten Dunkelheit, meiner Stirnlampe und der vielen Flugtierchen im Lampenschein und Millionen Sternen alleine. Es war schon etwas unheimlich. Immer wieder sah man eine Stirnlampe, dann war sie wieder weg, Egal ob vor oder hinter mir. Es ging eben wirklich immer hoch und runter und hin und wieder um Kurven. Und ich hatte absolut kein Gefühl, wie weit die Lampen entfernt sind. Ein Auto hielt an, für mich eine kleine Schrecksekunde, und der Fahrer fragte, ob ich OK bin. So etwas verrücktes hatte er auch noch nicht erlebt. Ich habe nur geantwortet, dass er noch einige Läufer überholen wird und wir betreut werden. Irgendwann komme ich am CP 6 an und mache meine längere Pause. Ich hatte mir bereits vorher überlegt, dass ich nichts warmes essen werde. Dazu hätte ich Wasser kochen müssen und letztendlich viel bringe ich meistens sowieso nicht runter. So hatte ich mir die Tage vorher meine Portionen veganes Trockenvleisch aufgespart. Das war lecker und zu dem Zeitpunkt genau richtig. Mein Plan vielleicht doch noch mit Patrick gemeinsam zu laufen war auch dahin. Kurz nachdem ich ankam, ging er wieder los. Also weiter ging es allein durch die Nacht. Mein Blick ging immer wieder Richtung Himmel. Die Sterne waren einfach der Wahnsinn und immer wieder Sternschnuppen. Die Zeit verging ziemlich gut und auch meine Geschwindigkeit war sehr konstant. Irgendwann habe ich natürlich auch mit rechnen angefangen, wann ich ins Ziel kommen könnte.
Jérôme Lollier hatte am Tag vorher noch zu mir gemeint, so gegen 9 bis 11 Uhr erwartet er mich. Wenn ich aber so weiterlaufen kann, wird es auf jeden Fall eher. Mir hat die Erfahrung vom
Traildorado.com so sehr geholfen. Ich habe mir diesen Lauf immer wieder in den Kopf geholt, wie ich da die 24 Stunden durch die Nacht gekommen bin und ich war über mich selbst überrascht, wie konstant und immer noch relativ schnell ich nach diesen langen Tagen mit dem Rucksack unterwegs bin. Anna und Seb kamen immer mit dem Auto an mir vorbei. Sie kannten mich noch von Australien und wie es mir da ging. Ich konnte immer wieder nur sagen, dass ich noch gut drauf bin. So erfuhr ich aber auch, dass Rene und
Giuseppe De Rosa hinter mir sind. Ein kleiner Lichtblick, vielleicht doch bald in Begleitung laufen zu können. Irgendwann funkelten zwei Augen auf einem Baum auf mich herab. Oh je, hatte ich einen Schiss und dazu noch Tiergeräusche aus dem Dickicht in der Ferne. Ich war froh, als ich vorbei und etwas weiter weg war. Seb meinte später, es waren Affen. Am CP7 habe ich nur kurz Wasser gefasst. Als ich ging kamen gerade Rene und Giuseppe. Irgendwie hatte ich Hoffnung, dass die Beiden mich bald einholen. Leider falsch gedacht. Die Zwei brauchten eine längere Pause. Jetzt kam mein Tief. Es war so gegen 2 Uhr morgens. Die Pushs hatten nicht wirklich lange geholfen und so musste
Roland Kaiser herhalten. Den MP3 rausgeholt, Kopfhörer ins Ohr und los ging es. Mich hat ja niemand gehört. Laut singend, tanzend…wenn man es noch so nennen kann bin ich weiter, voll motiviert, zügig voran…eigentlich fast zu zügig…ich habe mein Herz laut pochen hören. Aber es hat geholfen. Und so bin ich am CP 8 angekommen und noch ca. 17 km vor mir. Anna und Seb haben mit mir geschimpft, da ich zu wenig getrunken habe…recht habt ihr, also wieder richtig Wasser aufgefüllt und jetzt kamen auch die zwei Männer. Also sind wir jetzt zu dritt weiter. Ich hatte mir das zwar etwas anders vorgestellt, aber an Kommunikation war bei den Beiden nicht zu denken. Also sind wir so ähnlich wie die Olsenbande hintereinander weiter gegangen
Ich konnte gut Schritt halten und ich denke, mental war ich am besten von uns dreien drauf. Die einzigen Worte waren immer “Car from behind” oder “I have to go to the toilet” Also habe ich auf eine Seite die Ohrstöpsel wieder reingesteckt und Roli gehört. Rene konnte damit natürlich nichts anfangen. Die Kilometer zogen sich extrem. Erstaunlicherweise war es nicht so kalt wie erwartet (es wurde immer erst in den frühen Morgenstunden kalt) und so brauchte ich nur noch meine dünne Jacke anziehen. Die Ärmlinge hatte ich schon früher angezogen. Gegen 5 Uhr hatten wir noch ein wunderschönes Schauspiel am Himmel. Die Mondsichel kam leuchtend am schwarzen Himmel hervor. Und nicht wie bei uns seitlich sondern auf dem Rücken liegend und ein stark leuchtender Stern, ich denke die Venus, aber ich habe dazu nichts gefunden, direkt darüber. Die letzten Kilometer zogen sich immer mehr. Und trotzdem realisierten wir, jeder für sich, dass wir es geschafft haben. Ich merkte, wie René mal etwas sentimental wurde, Giuseppe wollte nur noch ins Ziel und meckerte vor sich hin, dass es noch nicht in Sicht war und ich wurde immer fröhlicher. Ein Lied hatte ich dann zum Schluss in Dauerschleife und habe es laut mitgesungen. Der Text war einfach nur passend. Ich denke, auch René ging es dann etwas nah. Hier paar Zeilen: