Das Wasser der Elbe schmeckt gar nicht so schlecht. Eine Erkenntnis, zu der ich jedoch nicht ganz freiwillig gekommen bin, als ich gestern durch die Elbe schwamm. Klar, freiwillig angemeldet hatte ich mich für den ersten Dresdner City-Triathlon schon. Nach diesjährigen Marathons in Kapstadt und Leipzig sollte mal eine Abwechslung im Wettkampfplan her. Da kam der vom gebürtigen Dresdner und heutigen Kölner Uwe Jeschke organisierte Triathlon gerade recht. Aber das Wetter kann eben keiner planen.
So stehe ich am Sonntagvormittag, kurz vor elf, inmitten von Neopren-umhüllten Triathleten am Blasewitzer Elbufer. Der Wind pfeift durchs Elbtal. Neben mir ein Dortmunder, der mit seiner Partnerin gerade darüber debattiert, ob er heute Letzter oder Vorletzter wird. Der typische Galgenhumor vorm Wettkampf, den ich auch von vielen Marathon-Starts kenne. Eben Mut machen für die Herausforderung.
Beruhigend, dass auch andere ins Grübeln kommen. „War es wirklich gut, sich für heute anzumelden?“, frage ich mich. Trainiert habe ich schon genug, versuche ich mich zu beruhigen. Doch Zeit für innere Monologe bleibt nicht. Denn Veranstalter Jeschke treibt uns gleich hinter dem Blauen Wunder per Megafon in die Elbfluten. Bei 19 Grad Lufttemperatur umspülen sie mit wohliger Wärme unsere Beine. So richtig genießen kann ich das nicht. Denn jetzt liegen zum Auftakt 3,5 Kilometer bis zur Albertbrücke vor uns.
Die Strecke absolviere ich beim Elbeschwimmen zwar jährlich. So hatte der Wind aber nie die Elbe gepeitscht. Wir stehen hier wie im Windkanal. Die Konsequenzen spüre ich erst nach dem Start. Die kraulenden Neopren-Profis lassen uns Triathlon-Normalos schnell hinter sich. Platz gibt’s also in der Elbe genug. Die Schwimmzüge und auch die Strömung bringen auch uns zügig voran. Aber der Wind hat es in sich. Denn eine Welle nach der anderen klatscht mir ins Gesicht, sodass ich so manchen kleinen Schluck Elbwasser probieren muss. „Hauptsache, mein Magen verkraftet das“, sage ich mir, als es am Schloss Albrechtsberg vorbei geht. Die Waldschlößchenbrücke naht. Das muntere Wellenreiten geht zwar weiter. Aber bis zum Ziel ist es jetzt nicht mehr weit.
Ein Sprint zum Fahrrad. Nur noch schnell die Socken und die Radschuhe anziehen. Und los geht‘s. Nur ein Glück, dass mein Fahrrad noch mitmacht. Denn Sonnabendnacht hatte ich ein Schockerlebnis. Bei den letzten Stößen aus der Luftpumpe haucht das eine Ventil sein Leben und damit den Reifeninhalt aus. Da ist guter Rat teuer. Blöderweise habe ich so ein Spezialteil nicht im Haus. Doch zum Glück passt ein anderes Nullachtfünfzehn-Ventil. Der Wettkampf ist gerettet.
Am Käthe-Kollwitz-Ufer meint es der Wind zum Rad-Auftakt erst einmal gut mit uns. Da kreiseln die Pedale nur so. Drei Runden zum Blasewitzer Standesamt liegen vor mir – 20 Kilometer. Dafür ist auf der Rücktour kräftiges Strampeln angesagt. Denn hier peitscht mir der Wind wieder kräftig ins Gesicht – glücklicherweise ohne Wellen. Übrigens, mein Magen spielt immer noch gut mit. Also ist Elbwasser nicht nur schmackhaft, sondern offenbar auch bekömmlich. Die Radstrecke ist geschafft. Letzter Wechsel.
Ich springe in die Laufschuhe. „Ich habe schon die 100 Kilometer im schweizerischen Biel geschafft, was sind da fünf Kilometer zur Augustusbrücke?“, sage ich mir. Doch auch die haben es in sich, werde ich sogleich auf den Boden der Tatsachen geholt. Nach dem Radfahren laufe ich wie auf Eiern. Vom Wellenritt zum Eiertanz. Die Eier unter den Sohlen werden aber schnell kleiner, verschwinden dann ganz. „Peter, toll“, feuern mich Christine und Dietmar von meinem Marathon-Verein an. Die Brühlsche Terrasse empfängt mich mit strahlender Sonne. Noch eine Runde. Hinter der Albertbrücke ziehe ich noch mal an, laufe nach gut zwei Stunden ins Ziel. Geschafft. Der Stress ist vorbei. Ein Glücksgefühl durchströmt mich. Was will ich mehr?
Peter Hilbert