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 Ironman70.3 in Dresden – nach der Euphorie im letzten Herbst folgte die Ernüchterung im Juli und Verschiebung auf den September. Die Diskussionen um die Absage/Verschiebung auf September lass ich mal weg, dazu ist genug kommuniziert worden.

Das Veranstaltungswochenende kam näher und beim Blick auf die Wettervorhersage wurden auch bei mir die Zweifel größer, ob ich da wirklich starten will.

Sonntagmorgen 4:30Uhr Starkregen, einstellige Temperaturen um die 9°C, Wind und stürmische Böen bis 60km/h. Am Samstagabend war deshalb schon Neopflicht und verkürzte Schwimmstrecke angekündigt worden 🌧️🌧️🌧️.

Schwimmen
In der Wechselzone skeptische Blicke vieler Triathleten zum Himmel und in die WetterApp. Ein paar Profis und Altersklasseathleten schoben ihr Rad schon wieder aus der Wechselzone raus. Am Ende sollten dann nur noch 400 Triathleten in`s Hafenbecken vom Alberthafen springen. Mit gemischten Gefühlen hab ich den Neo, zwei Schwimmkappen und Strümpfe angezogen, mir einen Regenponcho übergezogen und bin Richtung Schwimmstart gelaufen.

Die Schwimmstrecke wurde auf 750m gekürzt und Einschwimmen viel heute auch aus. Ich hatte aber noch eine Wasserflasche bei mir und hab mir den Inhalt vorsorglich in den Neo gekippt. Strümpfe ausziehen, Poncho an der Seite ablegen …

… und dann gings relativ schnell die Treppe runter und in`s Wasser. So schlimm fand ich die 16.5°C gar nicht. Den Gegenwind und die Wellen allerdings schon. Das Schwimmen im Hafenbecken hat mir jedenfalls Spaß gemacht. Der Blick die 5m hohen Spundwände hoch zu den Hafenkränen hatte was Besonderes. Nach den ersten 50 Metern hatte ich meinen Rhythmus gefunden und nach 17 Minuten war alles auch schon wieder vorbei – ich stand am Schwimmausstieg. Die Zeitmessmatten lagen oben auf der Straße, weshalb die offiziellen Schwimmzeiten etwas länger waren. Auf der Treppe ein kurzes „Hallo“ zu Maik Petzold und schon war ich im Wechselzelt.

Ich hatte geplant mich nach dem Schwimmen komplett umzuziehen, auch wenn die Wechselzeiten dadurch länger als im Normalfall werden würden. Am Ende hab ich für das Anziehen von Triathlon Suit, T-Shirt, dicke Rad- und Regenjacke, Strümpfe, Beinlinge, Mütze und Handschuhe 13 Minuten gebraucht. Aber die Investition hat sich gelohnt.

Radfahren
Die Radstrecke führte auf der B6 bis zur Autobahnabfahrt Dresden-Altstadt und dann rauf auf die Dresdner Elbhänge nach Merbitz, Rennersdorf, Klipphausen, Polenz. Die Strecke zwischen Merbitz und Polenz wurde 2-mal gefahren, ist wellig und sehr windanfällig. Ich wohne in der Nähe, kenne die Gegend von vielen meiner Trainingsausfahrten und wusste auch an welchen Stellen ich auf den Straßenbelag und scharfe Kurven achten musste.

Zwei Wochen vor dem Ironman70.3 sind wir mit dem Moritzburger Triathlonverein die Radstrecke schon mal im Regen und bei starken Wind-Böen abgefahren. Ich wusste also was da in den nächsten Stunden auf mich zukommt.

Auf Grund des Wetters, hatte ich mich im Vorfeld schon entschieden auf Sicherheit zu fahren und nicht auf die Zeiten zu gucken. Das hieß sensibel und auch langsam fahren, vor allem sensibel bremsen, das Tempo dem Regen und dem Wind, der in Spitzen mit 60km/h nicht nur von vorn, sondern oft von der Seite kam, den nassen Straßen und der Strecke anzupassen.

Dazwischen kam immer wieder auch die Sonne 🌞raus. In Sora begrüßte uns über den Feldern ein wunderschöner Regenbogen. Das Wetter hat die Bewohner in den Dörfern entlang der Strecke auch nicht davon abgehalten uns anzufeuern. Die Stimmung hatte, vor allem in Klipphausen, teilweise Volksfestcharakter.

Meine Ernährung hat super funktioniert, ich hatte Maurten im Radtrikot dabei und brauchte an den Verpflegungspunkten nur Wasser. Die Helfer dort waren nicht zu beneiden. Mitten im Wind, den Regenschauern nahezu ungeschützt ausgesetzt, hatten die immer ein Lächeln im Gesicht. Ihr habt einen super Job gemacht – DANKE!

Ohne meine 4 Lagen Shirts, die Beinlinge, Überschuhe, Mütze, Buff und Handschuhe wäre ich, wenn überhaupt, nur als Eiszapfen in der Wechselzone wieder angekommen. So aber konnte ich nach 3:41:35h mein Rad wieder in der Wechselzone abstellen und freute mich riesig auf die Laufstrecke.

Vorher war aber wieder umziehen angesagt, was auch wieder etwas länger dauerte. Jens und Kai waren da, die unbedingt Fotos machen wollten und das Umziehen war mit nicht gekannten Herausforderungen verbunden. Ich hatte die Laufschuhe schon an, aber die Beinlinge noch nicht ausgezogen. Also nochmal Schuhe aus-, Beinlinge aus- und Schuhe wieder anziehen. Die Ärmlinge und den Buff hatte ich auch noch an. Die hab ich dann aber einfach in den Tri Suit gesteckt. Das wäre mir beim Laufen dann ganz sicher zu warm geworden.

Laufen
Jetzt konnte nix mehr passieren – da war ich mir jetzt sicher 😊💪.

Drei Runden entlang der Elbe, über Albert- und Augustusbrücke, durch das Georgentor und über den Theaterplatz – darauf freute ich mich. Die Stadt war zwar nicht voll, aber es standen an jeder Ecke viele bekannte Gesichter, die eine Riesenstimmung gemacht haben.

Ich hatte zwar zwischendurch gedacht, der Wettergott ist wenigstens ein Läufer, wurde aber enttäuscht. Es war auch an der Elbe Gegenwind und genau dort gab es natürlich nochmal richtig Regenschauer. Aber das war, bei der Kulisse, auch egal 😊.

Mein Plan war die 21km „locker“ in einer 6er Pace zu laufen und Spaß zu haben. Ich wollte auf meine Ernährung achten und an einem der drei Verpflegungspunkte wieder nur Maurten und Wasser zu mir zu nehmen – und das hat super funktioniert.

Die Treppe hoch zur Augustusbrücke hat mich auch nicht gestört, im Gegenteil ich fand die sogar motivierend. Dafür entschädigte der Blick auf die Dresdner Altstadt und die Helfer mit den Rundenbändchen oben auf der Brücke. Auch zweimal am Ziel vorbeizulaufen war okay 💪😊.

Auf der letzten Runde nochmal Hände abklatschen, den Ausblick genießen und ich stand vor dem ZielTor auf dem Theaterplatz – FINISH💪👍🏊🚴🏃🎖️🏅🏆🙂

Am Ende hat meine Zeit von 6:26:33h für den dritten Platz in meiner Altersklasse und einen möglichen Slot für die WM in Lahti 2023 gereicht. Den Slot hab ich dann aber nicht genommen.

Ein großes DANKESCHÖN geht an die Wasserwacht, die DLRG, das DRK, die Polizei und die vielen Helfer an der Strecke – ihr habt einen super Job gemacht!



Ich hatte, seitdem ich weiß, dass es diesen Lauf gibt, schon immer die Absicht die 100 Meilen in Berlin zu laufen. Allerdings passten in den letzten Jahren die Termine immer nicht und so sollten 10 Jahre in`s Land gehen bevor ich an der Startlinie stehe.

Die 100 Meilen in Berlin bieten eine echte Möglichkeit die deutsche und internationale Ultra-Community zu treffen. So war das Briefing am Freitagabend nicht nur ein Pflichttermin, sondern auch ein guter Anlass alle die Heros und Lauffreunde, die ich seit Jahren nicht gesehen hatte bzw. teilweise nur aus Social Media kenne, mal persönlich zu treffen.

Dimension ist was der Kopf draus macht und die Nervosität stieg exponentiell, wie die Anzahl der Tage bis zum Start abnahm. Meine Lauferfahrung der letzten 20 Jahre hat geholfen meine Nervosität ganz gut in den Griff zu kriegen und eine einigermaßen ruhige Nacht auf den Samstag zu haben.

4:30Uhr klingelt der Wecker und ich schleiche mich in`s Bad, was natürlich nicht gelingt und meine Frau ist jetzt auch putz munter, naja fast 😉.

Morgentoilette, Haferflockenfrühstück, Anziehen und 4:45Uhr stand ich an der Bushaltestelle am Berliner Hbf und wartete auf den Bus zum Start in`s Erika-Heß-Stadion in Berlin Mitte.

Dort war bereits reichlich Trubel und auch hier wieder Begrüßung vieler Bekannter und Freunde. Meine Stimmung war angespannt – ein paar Zweifel über die Sinnhaftigkeit 100 Meilen zu laufen kamen bei mir schon auf.

Pünktlich 6Uhr Start und wir liefen, vorbei am Mauerpark Bernauer Straße, raus aus Berlin. In der Stadt war das alles sehr abwechslungsreich und die ersten Kilometer waren schnell abgespult.

Dann gings in die Wälder nordöstlich Berlins und das hieß … ein Baum, kein Baum, Baum, kein Baum, Sand, grüne/braune Wiesen, und wieder Bäume, … Bäume, … in die Brandenburger Pampa. Abwechslung sieht anders aus. Wie kommt man auf so eine Streckenführung? Wenn wir ehrlich sind, dann ist es toll, dass dieses Bauwerk keinen Bestand haben durfte. Umso wichtiger ist es, dass wir all denen gedenken die dort so sinnlos ihr Leben lassen mussten. Das war schon ergreifend immer wieder die Gedenktafeln zu sehen und sich bewusst zu werden, wie viele das waren – allein in Berlin.

Noch viel wichtiger ist es, dass wir sowas nie wieder zulassen. Gerade wenn wir heute auf die Welt gucken, wird mir angst und bange was für einen Bockmist wir da gerade wieder anstellen – und da meine ich beide Seiten, egal ob wir im Osten oder Westen zu Hause sind. Lassen wir uns nichts vormachen, es ging in der Vergangenheit und es geht auch heute NIE um Menschenrechte, es geht IMMER um Einfluss, Macht, Bodenschätze und Geld!

Ich hatte zum Tracken und zur Aufzeichnung der Strecke meinen Wahoo Radkomputer mit, der permanent alle 3-10 Sekunden einen Piepston von sich gab und ich muss ständig erklären was das denn ist. Dass das meine Herzfrequenz sein sollte, hat mir keiner meiner Mitläufer wirklich geglaubt. Ausstellen konnte ich das Piepsen auch nicht und so hab ich`s einfach ignoriert.

Ca. ab km 30 meldete sich mein Kopf mit der Ansage „… was soll der Scheiß, wollen wir nicht nach Hause laufen, … ich habe keine Lust mehr …“. Ich kriegte die Füße nicht mehr hoch und bin natürlich über das nächste Loch im Asphalt gestolpert und gestürzt. Außer zwei kleinen Schrammen an jedem Knie ist zwar nix passiert, aber ich war genervt. Wieso funktioniert das heute nicht? Die Temperaturen sind nicht so heiß wie angekündigt, es ist schwül ja, aber zum Glück bewölkt ☁️ und trocken – die Sonne ☀️ kam erst nach 17Uhr. Eigentlich ideales Laufwetter, damit sollte ich doch umgehen können. Wie aber will ich so die nächsten 130km durchstehen?

Natürlich weiß ich, dass gerade bei langen Läufen der Kopf oder/und Körper manchmal komische Sachen veranstalten und wir durch tiefe Täler müssen, um die hohen Höhen zu erreichen. Aber heute brauchte ich sowas bitte nicht, vor allem so zeitig auf der Strecke.

Zumindest die Ernährung hat super funktioniert und am ersten Wechselpunkt bei Km36, am Ruderclub Oberhavel in Hennigsdorf, habe ich meinen Gels nachgeladen.

In Schönwalde am VP9 (km48,9) wartete überraschend Peter Fleischer (der dort wohnt) vom Dresden Marathonverein auf mich und versuchte mich über die nächsten km abzulenken und auf andere Gedanken zu bringen. Das hat nur teilweise funktioniert. Bei km 49 überholte mich Peter Ossendorf, der mir die Ansage macht „Du steigst nicht aus. Wenn Du das tust, komm ich zurück und hol Dich. Du läufst durch …“. Richtig überzeugt war ich nicht. Peter musste wegen Krämpfen und Magenproblemen bei km80 leider selbst aussteigen – schade. Aber Danke für deinen Motivations Seitenhieb.

Am VP10 Falkenseer Chaussee (km54,6) wartete meine Familie. Die Motivation dort tat gut und die Pause wurde mit ca. 20Minuten! deshalb etwas länger. Trinken, Essen, Gespräch mit Carsten (dem Rennarzt) über meine Knie, mit denen aber alles in Ordnung war.

Ich entschied erstmal bis Potsdam weiter zu laufen und auf dem Weg dorthin über ein DNF oder Weiterlaufen zu entscheiden.

Auf den nächsten Kilometern gingen die Diskussionen zwischen meinem Kopf und meinen Beinen weiter. Der Kopf hatte keine Lust mehr und die Beine wollten Laufen.

Nach dem Lösen von mehreren Rechenaufgaben, einigten wir uns auf folgenden Kompromiss: Wenn ich es schaffe, abwechselnd mit Gehpausen und langsamen Laufen, pro Stunde mindestens eine Distanz von 5-6km zu bewältigen, dann habe ich am Ende immer noch 2h Luft zum Zeitlimit von 30h. Also was soll die Diskussion. Das Argument hat meinen Kopf überzeugt und ab dem Zeitpunkt gab`s keine Diskussionen mehr – jetzt wird GELAUFEN!

Kurz vor Potsdam konnten wir dem Weg der Mauer nicht im Original folgen, denn dann hätten wir durch den Jungfernsee schwimmen müssen. Da wir das nicht wollten bzw. nicht konnten, mussten wir der Straße folgen und den Jungfernsee umrunden.

Kurz hinter dem Verpflegungspunkt Brauhaus Meierei (VP15 km85) im Park Cecilienhof wartete meine Familie in Erwartung, dass ich mit Ihnen zurück zum Hotel fahren würde. Aber mein Kopf und ich, wir hatten ja entschieden weiterzulaufen. Nach einer kurzen Erklärung meines aktuellen Status`, ließ ich sie mit zweifelnden Blicken zurück und lief weiter über die geschichtsträchtige Glienicker Brücke, wieder raus aus Potsdam.

Nach VP16 km92 in Potsdam Griebnitzsee kam wieder brandenburgische Pampa … ein Baum, kein Baum …  – meinem Kopf war das mittlerweile egal, wir hatten ja einen Kompromiss geschlossen.

Und es kam die Nacht, also kurzer Stopp, Stirnlampe 💡aufsetzen und Warnweste anziehen.

Kurz vor dem Wechselpunkt3 km105,4 am Sportplatz Teltow kam er dann doch, der angekündigte Regen und es schüttete aus Kannen. Nachts irgendwas zwischen 22 und 23Uhr mitten in der Pampa war es für mich eine Wohltat – ca. 20°C Lufttemperatur und Landregen. Ich fand`s herrlich, es war für mich ein echtes Highlight – nass bis auf die Haut und trotzdem warm.

Gegen 0:30Uhr kam ich am Sportplatz Teltow dem WP3 km105 an. Eigentliche eine Gelegenheit die nassen Klamotten loszuwerden, aber ich entschied mich das nicht zu tun. Schuhe wechseln war auch nicht nötig – keine Blasen, keine Reibstellen. Meinen Füßen ging`s gut und ich hatte Bock weiter zu laufen. War nur los – der Läufergott wollte dass ich ankomme 😉.

Viel wichtiger war hier Energie tanken und essen. Ich wunderte mich über meinen Appetit auf Wurstbrot und Fettschnitte. Das hat mein Magen in der Vergangenheit immer verweigert, aber der Uhrzeit und unserem Kompromiss geschuldet hat er sich wahrscheinlich gedacht – okay zur Feier des Tages und der Strecke, versuch auch ich mal was Neues. Und es hat funktioniert. Keine Magenkrämpfe und auch kein Energieverlust, im Gegenteil die Stimmung stieg. Ein weiterer, diesmal kurzer Regenguss bestätigte auch meinen Entschluss in den nassen Sachen weiterzulaufen. Nach dem Regen kam die Hitze allerdings wieder und eine Stunde später war ich wieder trocken.

Hinter Rudow (VP22 km133) kamen 6km auf schnurgeradem Weg, eingeklemmt zwischen Treptow Kanal und A113. Sehr abwechslungsreich – ich habe genau gesehen, wo ich hinmusste. Die Stirnlampen meiner Mitläufer von hinten, zeigten mir den Weg – es zog sich.

Die Morgendämmerung kam und es wurde heller. Kurz vor der Sonnenallee war es 6Uhr und die Stirnlampen wurde eingepackt. Sonnenaufgänge in Berlin hab ich schon oft erlebt und der hier war jetzt nicht so spektakulär. Aber hey, wenn man 144km in den Beinen hat und das Ziel fast schon sehen kann, macht es das zu einem ganz besonderen Ereignis.

Beim Blick auf die Uhr war jetzt eine Zielzeit gegen 9:45Uhr sehr realistisch. Die Ampelschaltungen in Berlin sorgten dafür, dass wir im Stopp and Go Modus unterwegs waren. Nach der Oberbaumbrücke kam die East Side Gallery (VP25 km151) und auch der drittletzte Verpflegungspunkt. Also nochmal Energie tanken und weiter auf die letzten 12km.

Am Berliner Ostbahnhof, kam Carsten, nochmal vorbei und fragte nach Stimmung und Gemütslage und meinen Knien. Das fand ich schon bemerkenswert. Mir gings gut und ich „lief“ den nächsten Highlights – Checkpoint Charlie, Brandenburger Tor, Reichstag … und dem Ziel entgegen.

Kurz vorm Checkpoint Charlie stand Thomas am Straßenrand und wollte mich ein paar Kilometer bis zum Schiffbauerdamm begleiten. Ich rede ja im Normalfall schon nicht viel, aber jetzt wollte ich nur noch genießen und hatte auch keine Lust zu Konversation. Das hat er dankenswerter Weise akzeptiert. Auch er fragte mich ob`s mir gut geht – wahrscheinlich hatte ich meine Gesichtszüge gerade nicht im Griff.

Am Schiffbauer Damm stand dann der Rest meiner Familie und schickte mich auf die letzten 3km. Irgendwie haben sie es dann auch vor mir ins Ziel geschafft – ich war im Schneckentempo unterwegs.

Auf der Zielrunde im Stadion hab ich dann doch tatsächlich noch einen „Zielsprint“ hingekriegt – ich empfand das zumindest.

Abklatschen mit Carsten, der Familie, dem Moderator und ich hatte es geschafft – 162km. Was für eine Zahl, bin ich das wirklich gelaufen?

Im Ziel noch ein Erdinger Alkoholfrei und dann wollten wir mit dem Bus raus aus der Wärme und schnell in`s Hotel. Den Bus ich hätte allerdings lieber doch nicht besteigen sollen, vor allem nicht mit Maske. Nach ein paar Metern konnte ich nur noch sagen – „… ich glaub ich muss aussteigen …“. Dann fand ich mich auf dem Fußweg wieder. Mein Kreislauf fand die Busfahrt gar nicht witzig und hatte sich `ne ganz kurze Auszeit genommen. Füße hoch, Getränke und Kühlung verhalfen mir schnell wieder auf die Beine.  Nach der Dusche im Hotel ging`s mir wieder gut.

Allerdings hatte ich jetzt keine Lust mehr auf die Siegerehrung. Wir entschieden auf dem Weg nach Hause einen Zwischenstopp im H4 Hotel einzulegen, die Siegerehrung zu schwänzen und meine Medaille vorher abzuholen.

So richtig realisiert hab ich das heute, 7 Tage später immer noch nicht. Das kuriose ist, ich habe keinerlei Blessuren, Blasen oder sonst was. Der Muskelkater ist auch schon wieder weg und ich hab schon wieder Lust die Laufschuhe anzuziehen – was ich vernünftigerweise erst nächste Woche und auch nur für eine kleine lockere Runde tue.

100 Meilen ist dann doch eine völlig neue Dimension und wir alle, die wir auf den 100 Meilen gestartet, egal ob ausgestiegen sind oder gefinished haben – ein bissel verrückt sind wir schon.

Zum Schluss muss ich unbedingt DANKE sagen

  • liebes Org-Team um Harald Reiff, Carsten Bölke, das DRK und vor allem ALLE Helfer – das war GANZ GANZ großes Kino, ihr habt einen grandiosen Job gemacht. Als Veranstalter weiß ich was das für ein Kraftakt ist.
  • Danke auch an meine Familie, die mich – auch wenn sie nicht immer alles nachvollziehen kann und gut finden was ich so tue – immer und überall 100%ig unterstützt. Ihr habt an dem Wochenende mindestens genauso viele Kalorien verbraucht wie ich und musstet kreuz und quer durch Berlin fahren, um rechtzeitig an den vereinbarten Punkten zu sein – DANKE

Ein bissel Statistik

meine Laufzeit:              27:36:50h
Strecke:                            161,30 km (Pace 10:16 min/km)
Platz gesamt:                  232
Platz AK65:                       10

Gestartet                           ins Ziel gekommen
Einzelläufer                     425                                      296
2er Staffel                         36                                          22
4er Staffel                         64                                          61
10+ Staffel                         51                                          50

Cathleen Frank und Thomas Sperling starteten in einer 4er Staffel und waren nach 17:06:17h im Ziel.



„Der Forststeig in der Sächsischen Schweiz ist eine anspruchsvolle Trekkingroute für geübte, trittsichere und gut ausgerüstete Wanderer und Läufer. Er führt linkselbisch meist auf einfachen Waldpfaden auf forstwirtschaftlichen Arbeitsgassen über 100 km durch einzigartige Landschaften der sächsisch-böhmischen Schweiz.“ …

So die Beschreibung in den gängigen Reiseführern 😊

Bei meinen Läufen über den Malerweg und Bergtest Wehlen hab ich die Wanderwege in der Sächsische Schweiz, die man auch laufen kann, lieben gelernt. Die Beschreibung oben und die Laufberichte einiger Läufer haben mich neugierig auf den Forststeig gemacht und so entstand mein Plan, zumindest Teile des Forststeiges zu laufen.

Einen geeigneten Termin für mein Vorhaben zu finden war, wegen meines vollen Terminkalenders 2022 nicht ganz einfach. Ich wollte eh nicht die Gesamtstrecke von 105km laufen und so hab ich mir eine „Lightvariante“ über 58km geplant. Das es anspruchsvoll werden würde war mir klar, aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass die Waldwege teilweise keine Waldwege waren und deshalb an einigen Stellen eine Herausforderung darstellen würden.

Am 19.04.22 bin ich nach meinem 06:00-08:00Uhr Schwimmkurs-Termin in der Schwimmhalle Bühlau mit dem Auto nach Bad Schandau gefahren, hab mich in die S-Bahn nach Schöna gesetzt und konnte gegen 09:45Uhr starten.

Die ersten 2km geht’s zum Warmlaufen auf flacher Strecke auf dem Elberadweg Richtung Decin. Direkt an der Grenze zu Tschechien dann’ steil bergauf und entlang des Gelobtbaches hoch zum Grund- und Kriegsweg. Der Einstieg gab mir eine Vorahnung was da an Höhenmetern noch kommen sollte 😊

Am Kriegsweg gingen dann die Herausforderungen los. Die Stürme der letzten Jahre und der Borkenkäfer haben den Bäumen stark zugesetzt und der Forst musste den Wald von umgefallenen und kranken Bäumen beräumen. Das machen die Kollegen mit schwerer Technik und so sahen die Waldwege dann auch aus.

Ich stand plötzlich mitten im Wald und es war kein Weg mehr erkennbar. Also war Improvisatin gefragt, um mit Hilfe von Komoot einen Weg zu den nächsten größeren Wegen zu finden. An Laufen war nicht zu denken, es ging nur klettern – kreuz und quer am Hang, über gefällte Bäume und tiefe Forstmaschinenspuren. Nach gefühlten Ewigkeiten hab ich den richtigen Weg irgendwie dann doch gefunden und fing an zu rechnen.

Mir wurde klar, wenn ich die Strecke nicht kürze, wird`s ein langer Tag und ich komm vielleicht erst nach Sonnenuntergang in Bad Schandau an. Das wollte ich nicht und entschied die Strecke um ca. 17km zu kürzen und die Schleife nach Tschechien wegzulassen. Irgendwann hol ich diesen Streckenabschnitt, der auch sehr schön sein soll sicher nach.

Am Hühnerberg bin ich dann nicht nach links abgebogen, sondern geradeaus, entlang der Grenze über die Fuchsbachstraße (was keine Straße ist 😊), bis zum Sommerhübelweg gelaufen. Dort war ich dann wieder auf meiner geplanten Strecke.

Einfacher wurde es aber trotzdem nicht. Die Wege endeten immer wieder im Nichts und ich musste improvisieren. Das machte den Lauf aber interessant und abwechslungsreich. Ich bin an Steinen und Aussichten mit genialem Blick auf den Elbsandstein herausgekommen, die ich sonst vielleicht nie wahrgenommen hätte.

Der Weg zum Pfaffenstein war auch wieder mit gefällten Bäumen zugestellt, weswegen ich wieder meine geplante Strecke verlassen und einen kleinen Umweg laufen musste.

Beim Passieren vom Gohrisch und auch vom Pabststein ist mir klar geworden, dass es nicht immer sinnvoll und einfacher ist, um die Steine drum rumzulaufen. Die Wege auf die Gipfel wären wahrscheinlich einfacher gewesen. So war wieder klettern und Wege finden, statt Laufen angesagt 😊.

Die letzten Kilometer wurden dann aber einfacher, es ging auf Wanderwegen bergab. Nach 43,5km und 1800HM bin ich glücklich und zufrieden am Bahnhof Bad Schandau angekommen.

Der Forststeig war vor allem für meinem Kopf wichtig, um mit unvorhersehbaren  Situationen, die auf langen Distanzen immer passieren können, umzugehen. Im Sommer steht der Mauerweglauf mit 160km an, da ist es wichtig auf sowas vorbereitet zu sein. Dafür hab ich jetzt eine Plan.

Es war es ein schöner Lauf und ein sinnvolles Training für die kommenden Herausforderungen. Ich bin optimistisch und freu mich auf alles was im Sommer kommt, egal wie es ausgeht 😊.

hier der Track Komoot

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Über diesen Lauf und meine anderen Wettkämpfe vm Ultralauf bis zum Ironman erzähle ich gern in einem Vortrag. Dabei gebe ich auf sympathische und kompetente Weise einen Einblick in den Alltag eines ambitionierten Sportlers, Trainers und Organisators von Sportveranstaltungen. Spanne einen Bogen in das tägliche Arbeitsleben und gehe auf die Themen Zeitmanagement, Selbstorganisation, Motivation und “work life balance” ein. Für einen Termin schickt mir bitte einfach eine Anfrage über das Kontaktformular



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